Etappe 4 von Bischofszell nach Weinfelden

O Thurgau, du Heimat,
wie bist du so schön.

20. April, 8.45 Uhr. Ein Fototermin steht an. Der Bogenturm in der Altstadt und die achtjöchige alte Thurbrücke, die wir unterhalb der Altstadt überschreiten, kommen ins Fotoalbum, zwei Wahrzeichen von Bischofszell. Ein etwas langweiliger Marsch wartet auf uns. 18 Kilometer fast flach auf dem Thurweg mit Nummer 24, Abschnitt 5. Immer dem Fluss entlang bis Weinfelden. Warum ich diese Etappe ausgewählt habe, beschreibe ich morgen, es gibt selbstverständlich einen Grund. Lohnenswert ist aus meiner Sicht die erste Hälfte. Hier bringt die Sitter ihr Wasser, hier wechseln sich angenehme Wiesen- und Waldwege ab. Anschliessend folgen leider eher ermüdende Kies- und Asphaltsträsschen ohne markante Anhaltspunkte. Der Wanderer trottet fast zeitlos einher, der Rucksack drückt.

Immerhin eine „Sensation“ wird plötzlich sichtbar. Vor der Gemeinde Halden ist die Strasse, auf die der Wanderweg hinaufführt, für motorisierte Fahrzeuge seit 6 Jahren gesperrt. Grund: ein Hangrutsch vor 23 Jahren! Eine ewige Baustelle. So lassen sich verkehrsfreie Strassen einrichten …

„O Thurgau, du Heimat, wie bist du so schön.“ Mit diesem poetischen Satz beginnt das Thurgauerlied, die inoffizielle Hymne des Kantons. Bekannt ist heute die zweite Fassung der Melodie von Otto Kreis. Den Text mit sechs Strophen schrieb Johann Ulrich Bornhauser in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Heute auf dem Thurweg gibt es für mich keinen Anlass, das Lied Rosmarie vorzusingen (ich müsste den Wortlaut zuerst googeln). Im Übrigen bevorzugt sie eine schöne Hymne aus einem Kultur-Kanton.

Zum Thurgau fallen mir beim Wandern vier Ereignisse aus Kindheit und Jugend ein:

  • Im Jahr 1960 stand ich zusammen mit vielen Leuten in Frauenfeld im Publikum und bestaunte in kindlicher Freude den Festumzug „500 Jahre Thurgau.“ Dabei – das wurde mir erst später klar – wurde der Thurgau 1460 von den Eidgenossen erobert (!) und bis 1798 als Gemeine Herrschaft verwaltet.
  • Im Jahr 1963 durfte ich als Fünftklässler mit Lehrer Häberli in seinem Auto einen Tag lang durch den Thurgau fahren. Die drei besten Prüfungsschreiber im Fach Heimatkunde zum Thema Thurgau wurden damit belohnt. Schon damals wusste ich scheinbar einiges über meinen Heimatkanton.
  • Das Thurgauer Wappen mit dem Doppelleu erinnert an das Wappen der Grafen von Kyburg (11. bis 13. Jahrhundert), nur die Farbkombination Grün, Silber (Weiss), Gold (Gelb) gilt als Kuriosität. Hauptstadt des Thurgaus war noch im frühen 15. Jahrhundert Winterthur, nahe bei der Kyburg.
  • Später las ich bei Fritz René Allemann in der ersten Auflage seines Buches „25mal die Schweiz“ das Kantonsportrait zum Thurgau. Der Kanton kam bei ihm nicht so gut weg: keine wichtige Stadt, kein Mittelpunkt, keine intellektuellen Aktivitäten, geistig rege Köpfe wandern aus …

Trotzdem oder gerade deswegen war/bin ich Zeit meines Lebens ein ausgewanderter, überzeugter, symbolischer „Oberthurgauer“ (regional verstanden), mehr Arboner als Frauenfelder, Kreuzlinger oder Weinfelder. Mit Konstanz als Kantonshauptstadt hingegen könnte ich sehr gut leben, doch das wäre eine ganz andere Geschichte. Morgen (Etappe 5) immerhin etwas mehr zu Weinfelden.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert